Um den transnationalen Antimilitarismus zu stärken und uns mit unseren Partner*In Organisationen AKL und Nash Dom auszutauschen sind wir für ein Vernetzungstreffen nach Finnland gefahren. Dabei haben wir neben schwimmenden Tempeln, Rissen im „Raum-Zeit-Kontinuum“ und fliegenden Bahnhöfen so einiges gesehen und erlebt. Und wer hätte eigentlich gedacht, dass die Hobbits in Finnland leben?
Als Berliner*Innen haben wir uns, quasi als Ausreisser*Innen aus dem Berliner S-Bahn Ring gewagt, die Welt zu entdecken. Dieses mal sogar noch weiter nördlich als Pankow. Und das will schon etwas heißen!
Für ein Vernetzungstreffen mit AKL (Aseistakieltäytyjäliitto) und Nash Dom ging es bis nach Helsinki, Finnland.
Um dem Stereotypen, der durch die Welt jettenden Berlinern, unbedingt zu vermeiden, sind wir natürlich stilecht, mit dem Zug und der Fähre, anstatt des Flugzeugs nach Helsinki gereist.
Nach einem ebenso waghalsigen wie auch verzweifeltem Versuch, während eines Zwischenhalts unseres Zuges in Hamburg die (alkoholischen) Getränkereserven nachzufüllen, mussten wir uns wohl oder übel eingestehen dass unsere Zukunft wohl weniger in der Detektivarbeit als im Verzehr von Knabberzeug liegt. Die Lösung eines für die Reise mitgebrachten Detektivspiels, überforderte unser von der Getränkeknappheit gezeichnetes Gehirn.
Villeicht genau wegen der mangelnden Getränkeauswahl am Vorabend, verlief der Umstieg auf die Fähre in Stockholm ohne weitere Probleme. Einzig die schwedischen Bahnhöfe, welche nicht nur sauber, sondern auch mit öffentlicher Kunst aufgehübscht waren, haben unseren Trip zum Fährhafen etwas in die Länge gezogen.
Zurück in die Zukunft
Wie das mit der Zeitverschiebung funktioniert, haben wir anhand der auf unserer Fähre angebrachten Uhren noch nicht ganz verstanden. Aus Angst das „Raum-Zeit-Kontinuum“ durcheinander zu bringen, wollten wir deshalb auch nicht weiter nachfragen.
Stattdessen entschieden wir uns also den überaus beindruckenden Rest der Fähre zu erkunden. Unser Fazit: Kommerz so weit das Auge reicht. In einer außerordentlich faszinierenden Geschwindigkeit verwandelte sich unsere Mitfahrgelegenheit von einer langweiligen Fähre in einen Zikkurat des Kommerzes und des Konsums. Von Luxus-Boutiquen über ein exklusives Meeresfrüchte-Restaurant bis zur Spielhölle sowie einer eigenen Disko gab es reichlich Gelegenheit das Taschengeld für die Reise frühzeitig los zu werden.
In Case of Emergency: Moshpit
Nachdem uns das Set des lokalen DJs nur mässig zusagte, haben wir wenigstens noch ein Notfallschild gefunden was der Techno-Fraktion unserer Reisegruppe den Abend rettete: In Case of Emergency: Moshpit
Peace Station
– der fliegende Bahnhof
Nach zwei Tagen Reise sollten wir dann endlich erfolgreich in Helsinki ankommen. Wer jetzt glaubt wir hätten uns danach ersteinmal von der langen Anreise ausgeruht, liegt falsch. Gleich nach unserer Ankunft sollte es mit einem gemeinsamen Workshop, zu „kreativem Protest“ weitergehen, um an das zweiwöchige Food-Not-Bombs-Camps unseres Kooperationspartners AKL (https://akl-web.fi/en) anzuknüpfen.
Schlafen konnten wir während unseres gesamten Aufenthalts in Helsinki in der „Peace Station“. Ein überaus schnuckliges, historisches Bahnhofsgebäude, welches wie eine bunte Blume aus den benachbarten Betonbunkern der 70er und 80er, des Distrikts Pasila, heraus sticht. Ursprünglich handelte es sich um ein historisches Bahnhofsgebäude am Rande Helsinkis. Um es zu bewahren, wurde es komplett auseinandergebaut und in Pasila wieder aufgebaut.
Als dann ein neuer Bahnhof nach Pasila kommen sollte wurde das komplette Gebäude am Stück angehoben und etwa 200 Meter weiter, an seinen aktuellen Platz, versetzt.
Invasion der Gänse und Hobbits
Auch wenn unser Treffen ursprünglich als Vernetzungstreffen zwischen Nash Dom und AKL angesetzt war, wollten wir uns den touristischen Teils Helsinkis natürlich nicht verpassen. So ging es dann am ersten Tag auf die historische Festungsinsel „Suomenlinna“.
Einen ausfürlichen Bericht zu unserem Besuch auf der Festungsinsel findet ihr hier:
https://vernetzungpartizipation.noblogs.org/post/2024/07/10/vom-kriegsgebiet-zum-unesco-weltkultur-erbe/
In der wunderschönen Natur gab es nicht nur jede Menge Gänsekücken zu bewundern; Teile der Reisegruppe sind bis heute noch davon überzeugt, das eigentliche Zuhause der Hobbits, dem Auenland, auf besagter Insel kurz vor der Küste Helsinkis gefunden zu haben.
Workshops, Workshops, Workshops
Nachdem auch unsere Freunde von Nash Dom in Helsinki eingetroffen waren, ging es mit dem eigentlichen Anlass für unser Treffen im weit entfernen Helsinki los. In drei überaus intensiven Arbeitstagen haben wir uns in gegenseiten Workshops die Regel und Verfahren von Jugendbegegnungen im Erasmus Programm der EU beigebracht, gemeinsam Ideen gebrainstormet und zusammen unsere Anträge erarbeitet.
Link zum Bericht: Jugendbegegnung leicht gemacht: https://vernetzungpartizipation.noblogs.org/post/2024/07/10/jugendbegegnungen-planen-leicht-gemacht-in-helsinki/#more-699
Ein paar glorreiche Halunken
Als wir die Belarus*Innen zum Abschied zum Fairterminal gebracht haben sind uns an den Tram Haltestellen an ein paar coolen Plakate aufgefallen. Sie haben uns ein bisschen an Berlin erinnert, denn irgendwie kamen uns die Motive bekannt vor. Machen die Füchse die hier in Helsinki für AKL werben nicht normalerweise BVG Werbung? und die Person, die in Helsinki “ Grant Asylum for war resisters from Russia and Belarus“ fordert. macht sie nicht in Berlin Werbung für ne Show im Friedrichsattpalast ?
PM: „Adbusting“: Berliner und Helsinker Aktivist:innen fordern Asyl für Kriegsdienstverweiger:innen
Seurasaari
Abgeschlossen haben wir unseren Besuch in Helsinki ähnlich wie wir ihn begonnen haben: Mit einem touristischen Besuch auf einer Insel. Gelockt vom Versprechen handzahmer Eichhörnchen, von den es auf der Insel „Seurasaari“ nur so wimmeln sollte – Spoiler: wir haben kein einziges zu Gesicht bekommen – statteten wir besagter Insel also einen Besuch ab.
Auch wenn unsere wohl etwas abschreckende Berliner Art die Eichhörnchen fern gehalten hat, konnten wir uns trotzdem der wunderschönen Natur dort erfreuen. Neben der Natur wird Seurasaari auch mit einem historischen Freilichtmuseum zu einem lohnenswerten Ausflugsziel. In 87 historischen Gebäuden, des 17. – 20. Jahrhunders, können die historischen Bautraditionen verschiedener Teile Finnlands bewundert werden.
Die überaus niedrige Türhöhe der Häuser erbrachte dann auch den finalen Beweis, dass die Hobbits in Finnland leben.
Sompasauna
Ein abschliessendes Highlight unserer Reise war der Besuch der „Sompasauna“. Ursprünglich 2011 von einigen finnischen Saunaenthustiast*Innen als „unauthorisierte Outdoorsauna“ in einem stillgelegten Hafen Helsinkis errichtet, befindet sich die mittlerweile von der Stadtverwaltung Helsinkis geduldete Sauna nun an einem neuen Ort welcher sich getrost als Mix aus Baugebiet und Wagenplatz beschreiben lässt.
In einer Mischung aus aufgebockten Wohnmobilen und selbstgezimmerten Saunahütten gibt es hier jedenfalls ein einmaliges Sauna-Erlebnis.
Entgegenen unser Erwartung sind hier vor allem jungen Menschen zu finden, welche sich mit einem Kaltgetränk oder einem beherztem Sprung ins kalte finnische Meer von ihrem Saunabesuch erholen.
Neben den offensichtlich selbst zusammengezimmerten Saunahütten verstrahlt der gesamte Ort ein Gefühl der Selbstverwaltung.
Eintritt? – Gibt es nicht. Wer in die Sauna möchte, muss muss sich erstmal um das nötige Feuerholz für den Saunaofen kümmern. Alles andere verläuft auf freiwilliger Spendenbasis.
Unser Vorschlag: So mancher Wagenplatz und linkes Hausprojekt sollte vllt mal über eine öffentliche Sauna nachdenken 🙂
Home – Sweet – Home
Vereinigung Vernetzung Partizipation: Homecoming
Die Fahrt nach Hause verlief dann abgesehen von einer Unmenge, nach dem Europa Meisterschaftsfinale niedergeschlagener und depressiver Engländer im Berliner Hauptbahnhof ohne weitere Zwischenfälle. Unser Fazit zu Finnland: Gerne wieder!