Um die Gegend, in der unsere Unterkunft liegt kennen zu lernen haben wir uns eine Rally ausgedacht. Neben den eventuell kurzfristig wichtigen Orten, wie Supermarkt, Apotheke, S-Bahnstation gibt es auch historisch interessante Orte zu entdecken. Überrascht hat uns, das gleich drei Zwangsarbeiterlager unteranderem für „Rüstung und Kriegsproduktion“ in direkter Nachbarschaft waren. Aber auch die Pazifistin und Frauenrechtlerin Helene Stöcker hat ganz in der Nähe gewohnt.
Gedenktafel Helene Stöcker
Hier war das Wohnhaus von Helene Stöcker. Helene Stöcker (* 13. November 1869 in Wuppertal; † 24. Februar 1943 in New York City) war eine deutsche Frauenrechtlerin, Sexualreformerin, Pazifistin und Publizistin. Helene Stöcker setzte sich bereits im deutschen Kaiserreich für sexuelle Selbstbestimmung von Frauen, für das Recht auf Abtreibung und ähnliche Skandale ein. Nach 1914 trat sie als eine der ersten bürgerlichen Intellektuellen in Deutschland für ein Recht auf Kriegsdienstverweigerung ein. 1921 Gründungsmitglied von War Resisters International (WRI). Ab 1912 lebte sie hier in Berlin-Nikolassee in der Münchowstraße 1. 1933 bei der Machtübertragung an die Nazis flog sie nach Schweden, dann nach New York. Hier in dieser Straße war außerdem ein Zwangsarbeitslager der Firma Haumann.
Spanische Allee
Diese Straße ist echter krasser Nazi-Scheiß. Die ehemalige „Wannseestraße“ heißt bis heute Spanische Allee, um die deutschen Soldaten, die im Spanischen Bürgerkrieg (1936-39) auf Befehl Hitlers auf der Seite des Putschisten und späteren Diktators Franco gegen die Republik kämpften. Dort bombardierte die deutschen „Legion Condor“ 1937 mit Sturzkampfbombern das Dorf Guernica. Pablo Picasso demonstrierte deswegen mit seinem Bild „Guernica“ auf der Weltausstellung gegen dieses deutsche Kriegsverbrechen. Mit der Straßenbenennung 1939 sollten anlässlich der Rückkehr der deutschen Massaker-Männer die „freundschaftlichen Gefühle“ des faschistischen Spaniens gegenüber Deutschland erwidert werden. CDU, AfD und Grüne stimmten 2021 in der Bezirksversammlung gegen eine Umbenennung.
Strandbad Wannsee
Größtes Strandbad an einem See in Europa. Hier passen 30.000 Badegäste rein. Das Bad wurde 1907 gegründet. Das ist die Zeit, in der die Spree so vergiftet war, das die Bäder dort alle geschlossen werden mussten. Ein weiterer Grund für den Bau war, dass die Regierung das Nacktbaden unterbinden wollte (1942 erlaubt). Dafür wurde Juden der Zutritt von 1936-45 verboten. Das Strandbad wurde nicht noch größer gebaut, weil die Nazis die modernistische Bauhaus-Architektur scheiße fanden. Der Direktor des Bades, Hermann Clajus (SPD) erschoss sich am 18. März 1933 in seinem Dienstzimmer, um von der SA nicht in ein „wildes“ KZ gesteckt zu werden. Am Hauptgebäude soll eine Gedenktafel für ihn sein. Danach stellten die Nazis eine Flak-Stellung auf dem Spielplatz auf und bauten ein riesiges Lager für Zwangsarbeiter*innen. In den 1950zigern war das Baden hier lebensgefährlich. Mehrere Badegäste starben oder wurden verletzt durch Querschläger vom nördlich angrenzenden Übungsplatz der US-Army. Öffnungszeiten 10-16h, hat eine Sauna, Ausweis, Pass mitbringen.